Als “Pop songs for Rock kids” bezeichnen Tubelord ihren Musikstil etwas vage und treffen damit voll ins Schwarze.
Tubelord – Feed Me A Box Of Words
Wie der erste Eindruck doch täuschen kann. Den drei etwas kauzig wirkenden Schmachtlappen aus dem Londoner Großraum würde man auf den ersten Blick vermutlich nicht allzu viel zutrauen. Man könnte denken, das seien Internet-Freaks, die Spielkonsole daddeln und sich ansonsten nichtstuend die Rübe mit halluzinogenem Rauchwerk zudröhnen, während aus dem Notebook Wave und Metal der 80er dudelt. Doch dass Joseph Prendergast (Gesang & Gitarre), David Catmur (Schlagzeug) und Damien Fabien Gabet (Bass) mit ihrer Band Tubelord anno 2010 eine der Neuentdeckungen sein könnten, nein, damit war so nicht zu rechnen.
Erst recht nicht beim Anblick des bestenfalls ein Schulterzucken verursachenden Coverartworks. Was sich dann aber im Inneren, sprich auf dem mit “Our first American friends” betitelten Silberling, befindet, ist in der Tat als künstlerisch wertvoll zu bezeichnen. Leise und bedächtig geht es in der Anfangsminute zu. “Sleep, it’s over”, lautet es monoton, fast schon bedrohlich. Man ahnt, dass da etwas kommt. Und in der Tat: “Your bed is kind of frightening” wacht ruckartig auf und verwandelt sich zum munteren Kessel Buntes aus Sing-a-longs, kantigen Riffs und Handclaps. Was ab jetzt folgt, ist ein vierzigminütiges Gesamtkunstwerk, das einen zuweilen staunend, ein anderes Mal positiv überrascht und etwas verwirrt zurücklässt.
Tubelord selbst bezeichnen ihr musikalisches Werkeln schlicht und einfach als “Pop songs for rock kids” und haben damit auch gar nicht mal so unrecht. Sind es doch vor allem Refrains wie in “Somewhere out there a dog is on fire”, die hymnisch, poppig und mit jeder Menge Charme daherkommen. Bis auf einmal ein Break von der Seite reingrätscht und die drei Jungs tief in die Frickelkiste greifen. Tempowechsel? Computerspielereien? Harte Saitendrescherei? Melancholische Verschnaufpausen? Druck? Unbekümmertheit? Alles da. Ähnlich wandlungsfähig wie die Musik, die ständig falsche Fährten legt und bei der man in der einen Sekunde teilweise nicht mal grob ahnt, was in der nächsten folgen wird, ist auch Pendergasts Gesang. Hier wird die volle Bandbreite aus sanftem Flüstern, glasklarer Stimme und ekstatischem Gekreische ausgelotet. Je nachdem, wie es gerade passt.
Und es passt komischerweise auch immer. Denn Tubelord schaffen es, Elemente aus Pop, Indierock, Punk und Emo zu nehmen und mit Post/Math/Whatever-Core abzuschmecken, ohne dass es wahllos aneinander geklatscht klingt. Das hat schon alles seine Ordnung. Man stelle sich At The Drive-In zusammen in einem Proberaum mit Les Savy Fav, Biffy Clyro und Maximo Park vor. Heraus kommen dabei wunderbare Tanzflächen-Kracher wie die famosen “Propeller” und “I am Azzerad”. Hier gibt es an jeder Ecke Neues zu entdecken. Lieblingssongs wechseln stündlich. Das einzig Merkwürdige an “Our first American friends”, das auf der Insel bereits im vergangenen Herbst veröffentlicht wurde, ist die Tatsache, dass die Damen und Herren der britischen Fachpresse auf Tubelord noch nicht steil gegangen sind. Oder ist das nur ein falscher Eindruck?
Supported werden Tubelord von Shoes & Socks Off, hinter diesem Pseudonym versteckt sich Tobias Hayes, Songwriter aus London und ehemaliges Mitglied der Post-Hardcore-Formation Meet Me In St Louis.